Sieben ehemalige Schwestern auf der einstigen Männerstation

Eine historische Erinnerungsreise vom Bergmannskrankenhaus Klettwitz zum FamilienCampus LAUSITZ

Schipkau OT Klettwitz – Sieben Damen, die 1970 ihre praktische Ausbildung zur Krankenschwester im Bergmannskrankenhaus Klettwitz absolvierten, buchten für ein Klassentreffen eine kostenfreie CampusFührung am FamilienCampus LAUSITZ, um einerseits ihre Erinnerungen aufleben zu lassen und sich zum anderen über die vielfältigen, heutigen Angebote auf dem Areal informieren zu lassen.

Der heutige FamilienCampus LAUSITZ ist ein geschichtsträchtiger Ort. Vor über 120 Jahren wurde auf einem wenig fruchtbaren Feld das erste Gebäude des Bergmannskrankenhauses in nur anderthalb Jahren Bauzeit vom damaligen Bergwerksdirektor Nimé am 21. Oktober 1899 eingeweiht. Bereits zwölf Jahre später kamen ein Erweiterungsbau und eine Kapelle dazu und 1920 neue Bettenstationen, ein Funktionsgebäude sowie ein Wohn- und ein Gewächshaus. 1936 wurde die Parkanlage verschönert, ein Schwimmbecken installiert und 1958 wurden Personenaufzüge eingebaut. Die sieben Damen waren damals zugegen, als 1972 das Zentrallabor in die heutige CampusKita einzog.

Rundgang durch die Neuzeit 

„Schön, dass Sie hier sind“, begann der Stabsleiter Unternehmenskommunikation, Ringo Jünigk, nach dem Mittagessen in der LernBar – ehemals Garage, Werkstatt und Kesselhaus – die Führung der neugierigen wie gespannten Damen durch die einzelnen denkmalgeschützten Gebäudeteile, die im letzten Jahrzehnt aufwendig saniert und modernisiert wurden. „Ich war damals Lehrschwester und kann mich noch sehr gut an diese sechs Lehrlingsdamen erinnern“, startete Schwester Brigitte die Geschichten über die Geschichte. „Es war eine familiäre Atmosphäre, vom damaligen Kioskbetrieb am Eingang bis zu den Schwesternzimmern unterm Dach“, beschrieb Schwester Ute mit leuchtenden Augen das freundliche Miteinander der Belegschaft. „Hier sind wir wer, denn später hatten einige von uns oft das Gefühl, nur noch eine Nummer im Betrieb zu sein“, reflektiert Schwester Karla.

Foto: Ringo Jünigk

Man konnte Stolz auf sein Krankenhaus sein

Bereits vor Ausbildungsstart wurde Schwester Monika gesagt: ‚Geh nach Klettwitz, da lernst du was‘. Der gute Ruf der Ausbildung war in nah und fern bekannt. „Wenn du in Klettwitz gelernt hast, hatte man seine Stelle sicher“, bestätigt auch Schwester Hannelore, „jede Station war in einem kollegialen Wettkampf um die besten Azubis“. Und Schwester Reinhild ergänzte: „Man konnte sogar ein bisschen angeben, Auszubildende des Klettwitzer Bergmannskrankenhauses zu sein.“ Beim Besichtigen der zweiten Etage des Haupthauses, dem MedizinTraining für Schüler*innen, staunten die Damen, welche hervorragenden Lehrbedingungen die heutigen Auszubildenden zur Pflegefachfrau bzw. zum Pflegefachmann und zur Operations- oder Anästhesietechnischen Assistenz zu Verfügung gestellt bekommen – angefangen vom Lehr-OP über einen ambulanten Übungsbereich sowie einen Schockraum und ein vollausgestattetes Patientenzimmer. Modern und technisch sehr gut mit digitalen Tafeln ausgerüstet sind auch die Klassenzimmer. 

Während der praktischen Ausbildung mussten sowohl Krankenschwestern als auch Lehrlinge der Krankenpflege neben ihren medizinischen und pflegerischen Tätigkeiten Zimmer und Flure putzen und wischen, Kanülen und Gummihandschuhe reinigen, desinfizieren und sterilisieren, Gasflaschen und Milchkannen über den Hof transportieren und Geschirr spülen. In der ehemaligen Küche im Keller zeugen im sogenannten FreiRaum für Yoga-, Sport- und Therapieaktivitäten nur noch die Fliesen an den Wänden vom früheren Trubel zwischen Klapper- und Brutzelgeräuschen.

Ausbildungsvergütung war gering 

Mit der damaligen Ausbildungsvergütung in Höhe von 85 Mark brutto hatten die Lehrlingsdamen 76,50 Mark in der Tasche – 8,50 Mark kostete früher ein Lehrlingszimmer unterm Dach des Bergmannskranken-hauses, wo sich heute das Internat „SchlafSchön“ der CampusSchule befindet. Nach der Ausbildung und im Laufe der Folgejahre verblieben einige Schwestern an den Standorten Senftenberg und Lauchhammer, andere sammelten weitere Erfahrungen unter anderem in der Großräschener Poliklinik,  in der Frauenklinik Altdöbern oder im Krankenhaus in Fürstenwalde. Der Verdienst einer ausgebildeten Krankenschwester lag laut Nachfrage von Herrn Jünigk bei den Damen damals zwischen 382 und 585 Mark im Monat.

Bei der Führung durch den Park suchten die Damen vergebens die Gewächshäuser, das Schwimmbecken und die Kegelbahn. Heute wird der Park als Hoch- und Niedrigseilgarten und für Pausenspaziergänge genutzt. Die sieben Ex-Krankenschwestern konnten beim Vorbeischreiten an der Roten Villa im hinteren Bereich des Campusgeländes nahezu die komplette Mieterliste aufzählen und erkundigten sich, ob die Kapelle heute noch als „Leichenhalle“ genutzt werde, was Herr Jünigk verneinte. Eine Idee der Geschäftsführung war es, ein kleines Museum über die Geschichte des Bergmannkrankenhauses herzurichten. Nun wird abgewartet, welche Nutzungsideen der potentielle Erwerber des FamilienCampus LAUSITZ umsetzen möchte, schloss Ringo Jünigk seine Führung und geleitete die sieben Schwestern noch zu Kaffee und Kuchen in die LernBar.

Mit einem großen Dankeschön verabschiedeten sich die Gäste. „Jetzt geht unsere Erinnerungsreise zur nächsten Station“, verriet Initiatorin Monika Stark, „in die von 1964-1970 ausgelagerte Geburtshilfe in der Villa Heye in Annahütte“.