Ein Abend über das Leben der Olympiasiegerin Christina Lathan-Bremer

„Ich war schon immer flink“, lacht die attraktive 61-Jährige, auf ihre sportliche Entdeckung angesprochen. Grund der eher lapidaren Aussage, war ein Gesprächsabend (20.6.) über das sportliche Leben der ehemaligen DDR-Leichtathletin, der durch den Senftenberger Verein für Heimatpflege 1906 e.V. initiiert wurde. Moderiert von Hans-Peter Rößiger, Vorsitzender des Vereins, gab es in der Wendischen Kirche interessante Einblicke in das sportliche Leben der in Senftenberg aufgewachsenen Sportlerin.

Typische Laufbahn

Es war eigentlich der typische Weg für eine begabte jungen Sportlerin, den Christina Brehmer ging. „Ich ging damals in die Schule III, in der Calauer Straße“, erinnert sie sich. „Mein Sportlehrer Herr Kühn hat damals meine Begeisterung für die Leichtathletik bei mir geweckt“, fügt sie lächelnd hinzu. Sie macht auch keinen Hehl daraus, dass der damalige Schulsport um Längen besser war als das, was es heute gibt. „Wir haben sehr viel und intensiv Sport getrieben, 100-, 400-, 800-Meter waren im Schulsport ständig zu laufenden Strecken. Auch die Crossläufe über 3000 Meter gehörten dazu“, stellt sie klar. Als ihr Talent entdeckt wurde, ging es außerschulisch mit der Leichtathletik bei der Sportgemeinschaft (SG) Dynamo Senftenberg. Gerhard Lootze war der Erste, der ihr das Einmaleins des Laufens beigebracht hat. „Im Sommer trainierten wir im Stadion an der Harbig-Straße (Bautz-Sportpark) und im Winter in der Aktivisthalle (Niederlausitzhalle)“, erinnert sie sich an die damaligen Trainingsorte. Damals war ihre Lieblingsstrecke noch 800 Meter lang und bei diversen Kreismeisterschaften nicht zu bremsen. Deshalb sollte sie auch schon 1971 auf die Sportschule wechseln, was aber eine Erkrankung verhinderte, worüber sie aber gar nicht so böse war: „Ich war einfach noch zu jung und wollte aus meinem Umfeld nicht weg“, schmunzelt sie über den Umstand, dass sie die Sportschule rauszögern konnte.

Doch Berlin
Christina Lathan-Brehmer (rechts) trägt sich in die Chronik des Vereins für Heimatpflege ein. Sorgsam überwacht von der Vereinschronistin Helga Markus (Mitte). Foto: Peter Aswendt

Dann lies sich aber der sportliche Ehrgeiz nicht mehr verbergen und bei den Hallenmeisterschaften in Berlin lief sie ihren ersten persönlichen Rekord. Natürlich wurden die Sportfunktionäre der damaligen DDR auf sie aufmerksam: „Ich hatte zwar nicht die besten körperlichen Voraussetzungen, aber mein Ehrgeiz und mein Kampfgeist stimmte“, lacht sie. Folgerichtig kam dann die Delegierung zum SG Dynamo Berlin. Es folgten erste Plätze bei den Spartakiaden, und nationalen Juniorenmeisterschaften. International machte Christina Bremer das erste Mal bei den Europameisterschaften der Junioren in Athen auf sich aufmerksam. Dort siegte sie gleich drei Mal: bei 400 Metern, der 4 x 100-Meter-Staffel und der 4 x 400-Meter-Staffel. Kleine Randnotiz: „Ich wurde gefragt, warum ich mich für den Sport begeisterte. Und damals sagte ich; ich will das kapitalistische Ausland kennenlernen“, lächelt sie spitzbübisch. Es hatte ihr auch keiner übel genommen, denn es blieb eine interne Geschichte der Sportgruppe. Mit Kanada, ihrem sportlichen Lieblingsort, lernte sie kapitalistische Ausland im Jahr 1976 richtig kennen.

Diplomaten im Trainingsanzug

Mit dem vorolympischen Länderkampf wurde die damals 18-Jährige in die Nationalmannschaft aufgenommen. „Wir mussten bei der Aufnahme ein Ritual durchlaufen“, erinnert sie sich. „Jeder hatte einen Paten, meine war Rosi Ackermann, und dann mussten wir ein Kostüm anziehen“, erzählt sie und reicht alte Schwarz-Weiß-Fotos in die Runde der Zuhörer. Nach dem Länderkampf kamen die Olympischen Spiele in Montreal wo sie eine Gold- und eine Silbermedaille gewann. „Es sind meine schönsten Erinnerungen. Auch weil das ganze Flair und die Menschen in Kanada so zauberhaft waren“, schwärmt sie noch heute. Auch verbindet sie mit dieser Zeit einen Rekord, den ihr keiner nehmen kann: „Ich war die erste Frau, die über 400 Meter, elektronisch gestoppt, unter 50 Sekunden gelaufen bin“, zeigt sie sich stolz. An ihrer persönlichen Bestzeit von 49,66 Sekunden, beißen sich noch heute aktuelle Sportler die Zähne aus. Natürlich waren sie ständig überwacht und durften sich nur in Gruppen bewegen: „Wir waren eben Diplomaten im Trainingsanzug, das war eben so“, stellt sie pragmatisch klar. „Wir haben auch eine Menge Geld für den Staat verdient, denn alle Siegprämien gingen das Olympische Komitee der DDR“, erinnert sie sich. In den darauffolgenden Jahren kamen Verletzungen und die Geburt ihres Sohnes Maik zur sportlichen Karriere hinzu. Mit den Olympischen Spielen in Moskau wurde der politische Einfluss immer größer. Boykotts und Bevorzugung des Gastgebers überschatteten die Spiele 1980 in Moskau und vier Jahre später kam dann die Retourkutsche des damaligen Ostblockes zu den Spielen in den USA. Die berühmten Spikes hängte sie 1984 an den Nagel und lies sich privat in Großräschen nieder und arbeitet als Schwimmtrainerin. Aktuell ist sie im Amt für Straßenverkehr und Ordnung des Landkreises OSL für die Landesschifffahrt zuständig.

Gab es Doping
Christina Lathan-Brehmer (rechts) führt nach ihrem Vortrag noch viele Gespräche. Das Foto zeigt mit Henry Werban (links) der ein akribischer Sportchronist ist. Foto: Peter Aswendt

Fragen nach der Sportmarke der Kleidung bis hin, wie es denn so im Olympischen Dorf zwischen den Sportlern zuging, bewegten die Gäste im kleinen Saal der Wendischen Kirche. Auch die Frage nach der medizinischen Unterstützung, also Doping, wurde gestellt. Hier antwortete Christina Lathan-Brehmer ganz pragmatisch: „Natürlich haben wir einen Vitamintropf bekommen oder spezielle Eiweißmittel, aber es war bei Weitem nicht so, wie es heute ist. Ich würde es nicht als Doping bezeichnen“, ist sie sich sicher.

Übrigens gingen die Goldmedaille und die anderen Medaillen nach Begutachtung durch die Gäste wieder zurück in den heimischen Safe nach Großräschen, wo sie sicher bis zum nächsten Vortrag über das interessante sportliche Leben der Christina Lathan-Brehmer ruhen.